Hallo Holger,
Holger11 hat geschrieben:Das Profil soll mit CoCa erzeugt werden.
CoCa verwendet intern
Argyll.
Holger11 hat geschrieben:Welche Software benötige ich, um die Qualität eines erzeugten Profiles zu messen?
Die neuste Version von CoCa kann ein Log-File ausgeben, in dem (soweit ich mich erinnere) der mittlere deltaE-Wert angegeben wird. deltaE ist der "geometrische" Abstand im
Lab-Farbraum (a gibt die grün-rote, b die blau-gelbe Farbe, L die Helligkeit an) zwischen den Soll-Werten aus der Referenztabelle und den Werten, die man mit dem Profil erreicht. Ein deltaE = 1 kann mit dem Auge nicht mehr wahrgenommen werden. Daher sollte der deltaE-Wert möglichst klein sein.
Verwendest Du Argyll direkt (ist halt etwas gewöhnungsbedürftig, da kommandozeilenorientiert. Ich habe mir ein EXCEL-Makro gebaut, das anhand der Eingaben in eine EXCEL-Tabelle einen Batch aufsetzt und abarbeitet. Das vereinfacht die Bedienung deutlich.), so hast Du die Möglichkeit, Dir mit "viewgam" den resultierenden Farbraum in 3D darstellen zu lassen, sowie über das Kommando "profcheck" für jedes Farbfeld die individuellen deltaE-Werte anzusehen und deren Verteilung als Histogramm zu betrachten. Außerdem kannst Du eine Schwelle in deltaE setzen und in einem zweiten Durchlauf die Felder ausklammern, deren deltaE zu groß ist, und ein neues Profil berechnen. Es hat also viele Vorteile, Argyll direkt zu verwenden.
Holger11 hat geschrieben: ... Qualität des Profils aus einem ("rechnerischen") Vergleich der Referenzdatei und der unter Profilverwendung erzeugten Scan-Datei des Targets (.tiff) abgeleitet wird.
Nicht die Qualität sondern das Profil selbst wird aus einem Scan des Targets abgeleitet - und daraus folgt natürlich auch die Qualität des Profils. Argyll vergleicht die gemessenen Werte jedes Farbfeldes mit den Soll-Werten in der Referenztabelle und bestimmt aus den Abweichungen die Korrekturen, die via ICC-Profil dann bei jedem Scan angebracht werden, um die Farben zu erzeugen, die der Beleuchtung mit einer Standardlichtquelle entsprechen (die die LED des Scanners ja nicht sind, ebenso wenig wie die CCDs nicht die Farbempfindlichkeitsfunktion des menschlichen Auges haben).
Holger11 hat geschrieben:Mir ist nur nicht klar, wie man diesen Vergleich konkret durchführt.
Genau das macht Agryll für Dich und erzeugt anhand dieses Vergleichs das entsprechende ICC-Profil. Die Anpassung wird üblicherweise im Lab- oder XYZ-Farbraum gemacht (statt in RGB). Zur Anschauung zwei Diagramme für einen Fuji-Film, die in der Ebene die gemessenen a,b-Werte auftragen. Nach oben ist jeweils die Abweichung zwischen der Referenztabelle und den gemessenen Werten abgetragen, links für a, rechts für b (Farbverlauf symbolisch). Diese "Gebirge" muss das ICC-Profil letztendlich beschreiben:
- delta_a_delta_b.jpg (83.66 KiB) 11625 mal betrachtet
Aber ein kleines deltaE ist nur eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung für ein sehr gutes Profil. Die Qualität hängt auch von der Art des Profils ab. VueScan z.B. kann nur Matrix-basierte Profile verarbeiten (die Farben werden nach Formeln wie R = a*R'+b*G'+c*B', G=d*R'+e*G'+f*B', B = g*R'+h*G'+i*B' berechnet. Die Matrix sind die 9 Werte a,b ...,i. Dabei sind RGB die korrigierten, R'G'B' die vom Scanner kommenden Werte, die allerdings bereits mit einer
Matrix vorkorrigiert sind, um der Farbempfindlichkeit der Scanner-CCD grob Rechnung zu tragen.). Wie das mit EpsonScan ist, entzieht sich meiner Kenntnis. LUT-basierte Profile (look-up tables) können sehr viel umfangreicher sein (hunderte von kBytes) und daher auch detaillierter. Es kann aber dennoch vorkommen, dass einzelne Farben nicht 100%ig getroffen werden. Bei meinen Kodachrome-Profilen ist oft z.B. ein kräftiges Rot einen Tick zuuuu kräftig. Beim Fuji-Profil gab es mit Grün ab und zu kleine Unstimmigkeiten. Diese behebe ich dann mit der selektiven Farbkorrektur in SilverFast.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, dass im SilverFast-Forum bezüglich der ICC-Profile schon mehrfach eine falsche Auskunft gegeben wurde. So wurde behauptet, eine
IT8-Kalibration sei nur für Kodachrome notwendig. Ein Blick auf meinen
Vergleich mit/ohne ICC-Profil zeigt, dass dies falsch ist. Weiterhin wurde gesagt, dass es egal sei, ob man das
Auflichttarget für Fuji- oder Kodak-Papier verwendet. Auch diese Aussage ist falsch. Man bekommt zwar mit beiden vielleicht ganz passable Ergebnisse, aber im Detail passen die Farben dann eben nicht perfekt. Dass es zwischen den Filmmaterialien Unterschiede gibt, kann man leicht selbst sehen, indem man die Targets mit einer LED-Lichtquelle beleuchtet, die einen Farbstich hat (das ist eben das, was auch die Beleuchtung im Scanner macht, die ja keine Standardlichtquelle D50 ist). Dann sieht man, dass sich einzelne Farbfelder doch in der Farbgebung unterscheiden. Und genau diese Unterschiede soll das ICC-Profil korrigieren. Der Benutzer fragt sich ob dieser Aussagen sicher, warum denn dann LSI überhaupt Targets für unterschiedliche Filmmaterialien anbietet
. Beiträge zum SF-Forum meinerseits, die diese falschen Aussagen korrigieren sollten, wurden bei LSI einfach ignoriert (weder abgelehnt noch angenommen). Man kann dort wohl keine Kritik vertragen und lässt lieber die Benutzer im falschen Glauben statt Fehler zuzugeben.
Beste Grüße
Hermann-Josef